Bericht vom 1. Palliativtag in Walkirchen
1. Waldkirchner Palliativtag für Fachkräfte
Bericht vom 1. Palliativtag Waldkirchen
Text Monika Blagovic:
Folgt man den Medien in ganz Deutschland, so finden derzeit viele Bestrebungen in Richtung Palliativversorgung statt. Zahlreiche Kongresse und Weiter-bildungen werden angeboten, um der Bevölkerung die palliative Versorgung schwerst-kranker Menschen näher zu bringen. Mehr wissen, besser helfen: die Fortbildung Palliativ Care für Pflegekräfte hat vielen medizinischen Fachkräften geholfen, besser auf die Schwerstkranken eingehen zu können. In unserer Region ist dafür das SAPV PalliDONIS Team FRG zuständig.
Die „Initiative Mit Krebs leben“ – Südlicher Bayerischer Wald e.V. mit ihrer 1. Vorsitzenden Dr. Heidi Massinger-Biebl hatte nun zu einem 1. Waldkirchner Palliativtag für Fachkräfte eingeladen. Die Idee, solch einen Palliativtag auch in unserer Region anzubieten, stammte aus eigenen Erfahrungen bei den Sylter Palliativtagen, wo Dr. Massinger-Biebl gute Erfahrungen gemacht hatte. 140 Teilnehmer waren der Einladung gefolgt und kamen in das Firmengebäude Wimmer Wohnkollektionen in Waldkirchen-Frischeck. Mitveranstalter waren die Kliniken Am Goldenen Steig gGmbH, SAPV PalliDONIS und das DONAUISAR Klinikum Deggendorf. Auch viele Netzwerkpartner waren eingeladen.
Nach dem Eintreffen und Registrieren der Teilnehmer begrüßte Dr. Heidi Massinger-Biebl alle Ehrengäste und Teilnehmer aufs Herzlichste und gab einen Überblick über das Tagesprogramm. Grußworte vom Hausherren Gerhard Wimmer und den Ehrengästen Landrat Sebastian Gruber, Bürgermeister der Stadt Waldkirchen Heinz Pollak und Kliniken-gGmbH Geschäftsführer Helmut Denk schlossen sich an.
Sebastian Gruber ging auf das Thema Leben-Sterben-Tod ein und dass jeder Angst vor dieser Lebensphase habe. Darum sei man sehr erfreut, dass es viele solcher Initiativen und Organisationen gibt, die sich um diese Menschen kümmern. Heinz Pollak unterstützte diese Darlegungen ebenfalls und betonte, dass er eine große Hochschätzung vor dieser Arbeit habe. Das seien viele Pluspunkte für die Waldkirchner Region. Gerhard Wimmer begrüßte ebenfalls alle Gäste herzlich und freute sich, dass er mit der inzwischen dritten Zurverfügungstellung seiner Räumlichkeiten die Arbeit der Initiative unterstützen konnte. Heidi Massinger-Biebl dankte Gerhard Wimmer für die Bereitstellung der wunderschönen Räume und dass er ihr immer mit Rat und Tat zur Seite stand. Dank auch an das gesamte Organisationsteam der Initiative und an alle Spender, die diesen Tag ermöglichten.
„Ein sterbender Mensch braucht insbesondere zuhause die Gewissheit, dass bei akuten Beschwerden, Verschlechterungen, Ängsten oder Nöten jemand kommt und ihm hilft.“ Jemand, der mit dem Erkrankten, seiner Familie und deren Wünschen und Bedürfnissen vertraut ist. Ein spezialisiertes Team, welches unabhängig von Tageszeit, Feiertagen, Witterungsverhältnissen und der Entfernung bis zur nächsten Arztpraxis erreichbar ist und bei Bedarf einen Hausbesuch veranlasst ist das PalliDONIS-Team. Viele Patienten wurden bisher durch das Team betreut. Seitens der Kliniken gGmbH geschieht dies seit 2004 in der Palliativstation Waldkirchen.
Auch in zahlreichen Hospiz- und Palliativeinrichtungen und überregionalen Verbänden und Organisationen ist die Hospiz- und Palliativarbeit ein selbstverständlicher Partner im Gesundheitswesen. Das Palliativgesetz gilt, aber es hat auch viele Einschränkungen.
Infostände zu diesem Thema waren vertreten durch: SAPV PalliDONIS, Palliativstation Waldkirchen/Kliniken Am Goldenen Steig, Hospizverein im Landkreis Freyung-Grafenau e.V., Hospiz Niederalteich, Palliativnetz Niederbayern, Palliativ Portal und Initiative Mit Krebs Leben e.V.
Als Referenten standen Prof. Dr. Andreas Sandner-Kiesling, Abt. Spez. Anästhesiologie/-Schmerz-/Intensivmedizin von der Medizinischen Universität Graz, Dr. med. Verena Heller, Ärztliche Leitung Palliativstation Waldkirchen, Dr. med. Heidi Massinger-Biebl, Gyn. Onkologie/SAPV PalliDONIS Team FRG, Dr. med. Christoph Schicht, Onkologe im Onko-Team Bayerwald Waldkirchen, Susanne Feichtinger, Stellv. Pflegedienstleitung Hospiz Niederalteich und Dr. Christoph Seidl, Seelsorger für Berufe im Gesundheitswesen Diözese Regensburg, sowie Karin Autengruber und Marketa Biebl vom SAPV/PalliDONIS-Team Freyung-Waldkirchen zur Verfügung. Ein Teilnahmezertifikat wurde ausgestellt und Fortbildungspunkte bei der Bayer. Landesärztekammer konnten beantragt werden.
Der 1. Vortrag von Prof. Dr. Andreas Sandner-Kiesling behandelte die „Schmerztherapie in der Palliativmedizin – was / wie / wann / wo – ?“. Hierbei ging es um die spezialisierte Medikamentenanwendung bei den unterschiedlichsten Schmerzfaktoren. Ein sehr interessanter Vortrag über die vielfältige spezielle Schmerztherapie in Stufen. Anhand von Fallbeispielen erläuterte er die Anwendungsmöglichkeiten präzise. Sein Fazit für die Praxis: genau Zuhören!
Über „Ekel in der Pflege“ sprach Susanne Feichtinger. Ekel ist ein Belastungsfaktor in der Pflege und kann somit eine abwendende Reaktion hervorrufen. Eine Wahrnehmung des Ekelhaften erfolgt durch den Geruchs-, Tast-, Seh- und Hörsinn und ist gefühlsbetont.
Über die Grundlagen von Angst, Frust, Gefühlen, Schutzmechanismen und Abwehr sprach Susanne Feichtinger im Einzelnen. Ein Perspektivwechsel und andere Sichtweiten durch gute Hygiene, spezielle Wundabdeckungen, die Anwendung ätherischer Öle oder synthetische Geruchsbinder erleichtern und helfen.
Nachdem nun schon viele Informationen eingeflossen waren, brachte das gemeinsame Mittagsbufett einen regen Austausch von Gesprächen.
Die Agenda am Nachmittag beinhaltete in fünf verschiedenen Workshops präsente Themen.
Prof. Dr. Sandner-Kiesling sprach über „Ihre Probleme mit Schmerzen“. Anhand eines Fallbeispieles aus dem Teilnehmerkreis erfragte und erläuterte er die Reihenfolge der Diagnose. Der Erfolg in der Schmerztherapie erhält durch die Reihenfolge und Beachtung der Faktoren große Bedeutung.
In einem weiteren Workshop sprach Dr. Christoph Seidl das Thema „Fachleute für das Sterben – wohin mit dem Erlebten?“ genauer an. Denn auch das Sterben muss verarbeitet werden können. Viele Beispielzitate aus Büchern berühmter Heiliger oder Gelehrter konnten angesprochen werden und eigene Perspektiven oder Sichtweisen wurden in der Gruppe erfragt und gedeutet. Eine große Bedeutung widmete Dr. Seidl auch dem TROST. „Und was tröstet mich?“ Eine Frage, die sehr unterschiedlich artikuliert werden konnte.
„Wann ist der onkologische Patient palliativ?“ Wann kann er aufgenommen werden? Diese präsenten Fragen beantworteten Dr. Heidi Massinger-Biebl und Dr. Christoph Schicht. Die Palliativmedizin wird oft als die Gesamtheit lindernder Maßnahmen für die letzten Lebenswochen oder Tage betrachtet. Aber auch zu einem früheren Zeitpunkt im Verlauf einer Tumorerkrankung sind sie wichtig. Wann für welche Maßnahme der richtige Zeitpunkt ist, sollte mit den behandelnden Ärzten abgestimmt werden. Die Palliativtherapie versucht – neben der Verbesserung des körperlichen Wohlbefindens – dem Patienten auch bei der Bewältigung emotionaler und sozialer Belastungen zu helfen, die im Zusammenhang mit der Krankheit auftreten. Auch die Bedürfnisse der Angehörigen soll in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden. Indikationen zur Aufnahme auf eine Palliativstation sind neben therapieresistenten Schmerzen u.a. Störungen der Atmung, Ernährungs- und Verdauungskomplikationen, Kachexie (Auszehrung), und andere Beschwerden bei Tumorerkrankungen. Ganz generell ist eine „Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit“ Voraussetzung für eine Aufnahme auf eine Palliativstation. Anhand von Fallbeispielen wurden verschiedene Situationen erläutert und verständlich gemacht.
Über „Ernährung am Lebensende“ sprach Dr. Verena Heller. „Essen ist Gemeinsamkeit“ oder „Essen ist Sex im Alter“, – diese Argumente kennen alle. Aber was ist „Essen am Lebensende“? Appetitlosigkeit, Verlust des Hungergefühls, Ekel, anstrengende Arbeit, Geruchs- und Geschmacksverlust sind mitbestimmend. Eine Essens- und Getränkepalette wurde aufgestellt und erläutert. „Astronautennahrung“ ist dabei kein Vergleich. Die Indikation bestimmt Nutzen und Wirkung der Ernährung. Anhand der vier W’s: – Wer – Warum – Was – Wann – erläuterte Dr. Heller die Ernährung oder Zwangsernährung in der Palliativmedikation.
Karin Autengruber und Marketa Biebl widmeten sich im fünften Workshop dem Wohlbefinden. „Berührte Haut erinnert sich…..immer“. Rhythmische Einreibung, Pflege der Haut und der Sinne. Dabei wurden die Teilnehmer mit Naturdüften und pflegenden Anwendungen versorgt. Ein Erfahrungsaustausch bestätigte die wohltuenden Anwendungen.
Ganz nebenbei wurde der Palliativtag künstlerisch verschönert durch Skulpturen aus Terrakotta, Bronze und Beton. Die Künstlerin Sunnhild Praxl aus Waldkirchen stellte im Firmengebäude Wimmer ihre Exponate aus, die bewundert werden konnten. Danke für diese schöne Bereicherung.
Mit neuen Erkenntnissen ausgestattet und einsatzbereit konnte der 1. Waldkirchner Palliativtag mit einem genussvollen Abschluss bei Kaffee und Kuchen beendet werden.
Die gute Resonanz der scheidenden Teilnehmer war hervorragend und alle würden sich eine Fortsetzung solcher Themen wünschen.
2. Fotogalerie
Bericht vom 1. Palliativtag